Nach rund 14 Jahren Suchmaschinenoptimierung wird es auch für alte Hasen im Marketing und SEO Consulting endlich einmal spannend. Ich persönlich frage mich gerade, ob Googles Suchmaschine momentan an ihrer Leistungsgrenze angekommen ist. Könnte der ständige Ruf nach „schneller, breiter, tiefer…“ vielleicht die Fehleranfälligkeit der Suchmaschine drastisch erhöht haben?
In 2012 scheinen sich im Bereich der Suchmaschinenoptimierung einige unliebsame Veränderungen breit zu machen:
- Eine nach wie vor ungenügende Filterung eingekaufter Spam-Links, in organischer und regionaler Google-Suche.
- Die nervtötende Aufwertung einer übergroßen Anzahl von Katalogen und Verzeichnissen, insbesondere bei regionalen Suchanfragen.
- Eine Überbewertung offensichtlicher „Durchgangsseiten“ auf Googles Top-Positionen.
Was aber derzeit das Schlimmste von allen Übeln ist:
- Eine fehlerhafte Verarbeitung von Aussteuerungsmechanismen wie „Robots-Ausschlüssen“, insbesondere von „noindex“, „nofollow“ und neuerdings auch von „noodp“(!)
- sowie der anhaltende Versuch der Reaktivierung von URLs längst vergangener Tage.
Bei solchen Aussetzern stellt sich freilich die Frage, ob die Suchmaschinenoptimierung aktuell überhaupt noch beherrschbar ist – und welchen Schaden diese Fehler verursachen.
DMOZ. Ein stiller Begleiter des SEO-Geschäfts:
Nachdem Google einst die DMOZ-Klon-Verwender (www.dmoz.de) abgestraft und im vergangenen Jahr auch endlich den eigenen Klon abgeschafft hat, empfinde ich es persönlich als sehr seltsam, dass auf die oft stark veralteten Daten des „Open Directory Projects“ (ODP) auch heute noch regelmäßig zugegriffen wird. Wenn der ausdrückliche Wunsch, DMOZ-Daten nicht zu verwenden, von einer Suchmaschine ignoriert wird („noodp“), kann das selbstverständlich fatale Folgen für den Online-Vertrieb haben, insbesondere dann, wenn sich das Kerngeschäft oder die regionale Zuständigkeit eines Seitenbetreibers stark verändert hat, der DMOZ-Eintrag mangels aktiver und/oder unbefangener Editoren aber nicht mehr überarbeitet wird. Auf der einen Seite hat der DMOZ-Katalog bezüglich der Suchmaschinenoptimierung erheblich an Bedeutung verloren, auf der anderen Seite kann er durch Google-Fehler (die Einblendung von Falschinformationen aus dem DMOZ-Katalog) dann doch recht unangenehme Folgen haben.
Gestern fiel mir speziell der NOODP-Robots-Fehler erstmals auf (statt aktuellen Seitenbeschreibungen werden Google-Maps-Überschriften mit ODP-Daten vermischt), bis dato setzt sich der Trend an den beobachteten Stellen fort, so bereichert er für mich die „Liste fehlerhafter SEO-Steuerungsmechanismen„, die anderenorts bereits als „Google Chaos & Deepweb/Ajax Exkursionen“ beschrieben wurden.
Womit kann man gegensteuern?
Wer keinen nachhaltigen und professionellen Linkaufbau betreibt, der selbstverständlich eigentlich gegen Google-Richtlinien verstößt, wird derzeit wenig Möglichkeiten haben, die Defizite der Suchmaschine im gewünschten Sinne auszusteuern.
Ich beobachte derzeit Überbewertungen von offensichtlich gekauften Google-Maps-Bewertungen, übermäßige „Abstrafungen“ im Bereich des semiprofessionellen Linkaufbaus, andererseits aber auch Überbewertungen in der Vergangenheit massenhaft erworbener Spam-Links („die Menge machts“), … beleben könnte sich dabei durchaus das „PR-Geschäft“ auf „offiziellen“ und reichweitenstarken Medienseiten, deren Links noch über einen entsprechenden Mehrwert verfügen. (Ich habe meine Zweifel, ob das auch für mancherorts inzwischen eigens für den Linkaufbau geschaffene Sub-Domains auf Dauer gilt.)
Seit der (scheinbar missglückten) Pinguin-Erweiterung des Panda-Updates sehe ich unter den SEOs nicht nur zahlreiche Beschwerden und einige sogar „das Handtuch schmeißen“, ich beobachte auch Entgleisungen ganzer Domains, deren Kerngeschäft von Google scheinbar nicht mehr richtig erkannt, gewichtet und ausgesteuert wird, so dass auf Suchanfragen unpassende Unterseiten statt relevanter Landing Pages ausgeliefert werden. Mitunter werden Ausschlüsse und Umleitungen derzeit wohl tatsächlich nicht korrekt verarbeitet, daneben könnten übertrieben eingesetzte Keyword-Filter zu einem solchen Umstand führen.
So drängt sich auch mir der Verdacht auf, dass beim „Google-Pinguin-Update“ tatsächlich etwas schief gelaufen ist, das hoffentlich bald wieder korrigiert wird. Wer interessiert sich schon für all die Internet-Verzeichnisse, die einst von Google so erfolgreich gefiltert wurden? Wer interessiert sich noch für angestaubte DMOZ-Texte aus den Gründerzeiten inzwischen erwachsen gewordener Firmen und Websites? Wer interessiert sich für völlig irrelevante Unterseiten einer Homepage, die wahrlich passendere Landing Pages für die gegebene Suchanfrage anzubieten hat?
Denen, die momentan verzweifelt das Handtuch werfen, würde ich eigentlich empfehlen wollen, durchzuhalten – wenn`s denn das richtige Business ist. Design und Suchmaschinenoptimierung sind beispielsweise sehr verschiedene Dinge, die einem nicht unbedingt beide liegen müssen. Die Erfahrung lehrt, dass die Welt morgen schon wieder ganz anders aussehen kann. In der Zwischenzeit hilft unter Umständen eine intensive technische Analyse und eine gewissenhafte Überprüfung aller übrigen Online-Marketing-Aktivitäten. Nun ja – und leider ist auch mal wieder verstärkt auf die Qualität eingehender und ausgehender Verlinkungen zu achten. Es ist nicht auszuschließen, dass sogar der Abschuss unliebsamer Wettbewerber durch „gezielten (bösartigen) Linkaufbau für Dritte“ derzeit wieder funktioniert. Die Auswertung von „Linksignalen“ scheint mir momentan seitens Google doch deutlich überspitzt gehandhabt zu werden. Wer bisher keine größeren SEO-Aktivitäten unternommen, diese aber auf dem Zettel hat, sollte vorsichtig vorgehen und viel Zeit dafür einplanen, die eigene Website richtig auszusteuern. Abgesehen von zeitweilig auftretenden Störungen der Suchmaschine selbst (siehe oben beschriebene Indizierungsfehler) ist es last but not least besonders in wettbewerbsintensiven Märkten nicht eben einfacher geworden, für das eigene Projekt den optimalen Mix aus Marketing, SEO, Keywords und Verlinkungen zu finden.
Der Trend zum Marketing als maßgeblicher Erfolgsfaktor auch im Online Marketing zeichnet sich zwar schon seit Jahren ab, ohne Suchmaschinenkenntnisse lässt sich das darin schlummernde Potenzial aber nicht ausschöpfen. Der umgekehrte Denkansatz („ein bisschen Webdesign, dazu „die volle Packung SEO“ und dann vielleicht auch mal ein bisschen Marketing“) kann allerdings lange schon nicht mehr funktionieren. Die Nischen, in denen „gefunden werden“ einfach ist und auch genügt, sind selten geworden, die Erfahrungen und Qualitätsbemühungen auf Anbieterseite in den vergangenen Jahren sehr gewachsen und mit Ihnen die Ansprüche der Suchmaschinen sowie der potenziellen Kundschaft. Das bedeutet, dass das Internetgeschäft für Neueinsteiger sehr komplex und schwierig geworden ist, da sie bedeutend größere Anstrengungen auf sich nehmen müssen als ihre vor langer Zeit gestarteten Wettbewerber. Es empfiehlt sich daher eine wohl durchdachte Strategie, wenn man es ernst meint. Daran wird sich wohl auch dann nichts ändern, wenn die angesprochenen Fehler beseitigt und die Filter vielleicht auch mal wieder ein bisschen zurück genommen werden. Möglicherweise möchte ja nur jemand erreichen, dass sich der SEO-Markt mal eine Zeit lang selbst ausmistet. Wer weiß. 😉
Nachtrag (24.05.2012):
Nachdem die seoseitig unkorrigierbaren Google-Fehler allmählich lästig wurden, habe ich das Thema im Nachhilfe Blog der ABACUS Nachhilfe Hamburg noch einmal neu aufgenommen.